Rohtranskription von AVA., Inneres, Ministerratspräsidium, Ministerratsprotokolle (gesperrter Bestand, nur zugänglich über mrp.oeaw.ac.at)

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I. Beilage zum Ministerrats-Protokolle vom 19. Oktober 1918.

Gesetz vom ………….… betreffend die Errichtung von Arbeiterkammern.

Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrates finde ich

anzuordnen wie folgt:

Errichtung.

§ 1. Zur Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der im Gewerbe, in der Industrie, im Verkehr und im Bergbau tä¬ tigen Arbeiter; zur Erzielung eines gedeihlichen Zusammen¬ wirkens berufener Körperschaften der Unternehmer und der Arbeiter im Dienste des sozialen Friedens, zur Förderung der auf die Hebung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeiter abzielenden Bestrebungen werden Arbeiterkammern errichtet.

Wirkungskreis.

§ 2. Die Arbeiterkammern sind daher insbesondere zu folgenden Aufgaben berufen:

  1. zur Erstattung von Gutachten über Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen, betreffend die rechtliche Regelung des Arbeitsverhältnisses, des Arbeiterschutzes, der Arbeiterver¬ sicherung, des Arbeitsmarktes; ferner betreffend die Ein¬ richtungen der Wohnungsfürsorge, der Volksernährung, der Volksgesundheit, der Volksbildung, der Besteuerung, der Han¬ dels- und Zollpolitik, insoferne durch diese Einrichtungen die wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter berührt werden;

  2. zur Entsendung von Vertretern in andere Körperschaften, soweit eine solche Vertretung durch gesetzliche oder sonsti¬ ge Vorschriften vorgesehen ist;

  3. zur Unterstützung aller auf den Abschluss von Kollektiv¬ verträgen gerichteten Bestrebungen;

d.) zur Führung von Verzeichnissen der beruflichen Vereini¬ gungen der Arbeiter ihres Sprengels ;

  1. zur Mitwirkung an der Arbeitsstatistik und zur Vornahme von Erhebungen über die wirtschaftliche und soziale Lage der Arbeiter;

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  1. zur Erstattung von Gutachten, Anträgen und Vorschlägen über die zur Besserung dieser Lage dienenden Massnahmen;
  1. zur Mitwirkung an der Durchführung dieser Massnahmen, insbesondere soweit sie betreffen die nicht gewerbemässige Arbeitsvermittlung, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Beschaffung von Arbeit für Kriegsbeschädigte und durch den Krieg arbeitslos gewordene Personen; die Unterstüt¬ zung der Arbeitslosen, die Wohnungefürsorge; die Verpfle¬ gung der Arbeiter; die Fürsorge für ihre Gesundheit, die Fürsorge für die Familien der Arbeiter; die fachliche, all¬ gemeine, geistige und körperliche Ausbildung der Arbeiter; die Heranbildung des Nachwuchses der Arbeiterschaft.

Die Arbeiterkammern haben alljährlich, bis längstens Ende April, an den Minister für soziale Fürsorge einen übersichtlichen Bericht zu erstatten, über ihre Wahrnehmun¬ gen hinsichtlich der Gestaltung des Arbeitsmarktes und der Arbeitsverhältnisse, hinsichtlich der Forbildung der Kol¬ lektivverträge und hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Arbeiter und der zur Besserung dieser Lage geschaffenen Einrichtungen.

Standort

§ 3. Standort und Sprengel der Arbeiterkammern werden durch die Standorte und Sprengel der gemäss dem Gesetze vom 29. Juni 1868, R.G.Bl. Nr. 85 organisierten Handels- und Gewerbe¬ kammern bestimmt.

Es bleibt dem Verordnungswege vorbehalten, Standort und Sprengel einzelner Kammern abweichend festzusetzen.

Staatsaufsicht und Stellung

§ 4. Die Arbeiterkammern unterstehen der Aufsicht des Mini¬ sters für soziale Fürsorge; er kann diese Aufsicht auch durch untorgeordnete Behörden ausüben. Die Kammern haben innerhelb ihres Wirkungskreises euch Weisungen der übrigen Minister nachzukommen und allen staatlichen Behörden auf Verlangen Auskünfte zu erteilen.

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Unterstützung durch andere Körperschaften und Behörden.

§ 5. Die staatlichen und autonomen Behörden, die Han¬ dels- und Gewerbekammern, die Gewerbegenossenschaften, die Bergbaugenossenschaften, die Anstalten der gesetz¬ lichen Arbeiterversicherung sind verpflichtet, die Arbeiterkammer in ihrer Wirksamkeit zu unterstützen.

Zusammenwirken mit anderen Körperschaften.

§ 6. Die Arbeiterkammern sind berechtigt, in Angele¬ genheiten ihres Wirkungskreises miteinander und mit anderen zur Vertretung wirtschaftlicher Interessen gesetzlich berufener Körperschaften in schriftlichen Ver¬ kehr zu treten und gemeinsame Beratungen zu pflegen.

Der Minister für soziale Fürsorge kann im Einver¬ nehmen mit dem fachlich zuständigen Minister verfügen

  1. dass zur Behandlung von Angelegenheiten, die sowohl den Wirkungskreis der Arbeiterkammern, wie jenen anderer Körperschaften der im Absatz 1 bezeichneten Art berüh¬ ren, Ausschüsse gebildet werden, in denen Arbeitgeber und Arbeiter gleichmässig vertreten sind, und die unter dem Vorsitze eines Regierungsvertreters ihre Beratungen pflegen;

  2. dass die Arbeiterkammern zur Förderung des sozialen Friedens innerhalb ihres Wirkungskreises mit den ihnen entsprechenden Körperschaften der Unternehmer paritä¬ tisch organisierte gemeinsame Einrichtungen schaffen.

Arbeiter im Sinne des Gesetzes.

§ 7. Als Arbeiter im Sinnne dieses Gesetzes gelten alle nach dem Gesetze vom 30. März 1888 R.G.Bl. Nr. 33. betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter und dem Gesetze vom 28. Juli 1889, R.G.Bl. Nr. 127, betreffend die Rege¬ lung der Verhältnisse der Bruderladen, der Krankenver¬ sicherungspflicht unterliegenden Personen mit Ausnahme jener, die im Sinne der gesetzlichen Vorschriften über

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die Pensionsversicherung von Angestellten nach der Art

ihrer Stellung, Beamtencharakter haben oder regelmässig vorwiegend geistige Dienstleistungen verrichten.

Sanktionen der Kammern.

§ 8. In Arbeiterkammern, in deren Sprengel der Bergbau von massgebender Bedeutung ist, kann durch Verordnung eine besondere Bergbausektion gebildet werden.

Zahl der Mitglieder.

§ 9. Jede Arbeiterkammer besteht aus mindestens 16 und höchstens 32 Mitgliedern für die Ersatzmänner zu bestel¬ len sind. Die Anzahl der Mitglieder und Ersatzmänner wird durch Verordnung bestimmt.

Funktionsdauer der Mitglieder.

§ 10. Die Funktionsdauer der Mitglieder und ihrer Ersatz¬ männer beträgt regelmässig 6 Jahre. Drei Jahre nach der

ersten Konstituierung der Arbeiterkammern oder im Falle einer Auflösung nach der neuerlichen Konstituierung wird die Hälfte der Mitglieder im Wege der Auslosung ausge¬ schieden. Die im Wege der Auslosung Ausgeschiedenen sind wieder wählbar, ebenso jene, deren Mandatsdauer abgelaufen ist.

Berufung der Mitglieder, Wahlberechtigung.

§ 11. Die Mitglieder und Ersatzmänner werden durch di- rekten Wahl berufen. Zur Teilnahme an der Wahl berech¬ tigt sind alle Arbeiter, der im § 7 bezeichneten Art ohne Unterschied des Geschlechtes, die das 20. Lebens¬ jahr zurückgelegt haben, im Vollgenusse ihrer bürger¬ lichen Rechte stehen und seit mindestens 2 Monaten vor Auschreibung der Wahl im Sprengel der Arbeiter¬ kammer beschäftigt sind.

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Wahlkommissär, Wahlkommission.

§ 12. Die Leitung der Wahl obliegt einem von der Aufsichts¬ behörde bestellten Wahlkommissär, der die Einzelheiten des Wahlverfahrens gemäss den Bestimmungen des Gesetzes und der Durchführungsverordnungen regelt.

Er hat aus den Vertrauensmännern jener Gruppen, die Vorschlagslisten (§ 14 Abs. 2) überreicht haben, eine Wahlkommission zu bilden, die unter seinem Vorsitze die Wählerlisten (§ 13) richtiggestellt, über die Giltig¬ keit der eingereichten Vorschlagslisten (§ 14, Abs. 2.) entscheidet, die abgegebenen Stimmzettel prüft, das Wahl¬ ergebnis feststellt und die Zuweisung der Mandate an die Vorschlagslisten und an die Kandidaten der letzteren (§ 16 ) vornimmt. Bei Meinungsverschiedenheiten inner¬ halb der Kommission entscheidet der Wahlkommissär.

Alle Verfügungen und Entscheidungen im Wahlverfahren sind endgültig.

Wählerlisten.

§ 13. Die Handels. und Gewerbekammer, die Anstalten der ge¬ setzlichen Arbeiterversicherung und die Arbeitgeber der Wahlberechtigten sind verpflichtet, dem Wahlkommissär behufs Anlegung der Wählerlisten auf Verlangen die er¬ forderlichen Auskünfte zu erteilen und ihm Einsicht in die von ihnen geführten Listen der Arbeitgeber, bezw. der Arbeiter zu gewähren.

Ausschreibung der Wahl, Vorschlagslisten.

§ 14. Die Wahl wird durch den Wahlkommissär, spätestens 8 Wochen vor dem Wahltage ausgeschrieben und in geeigne¬ ter Form, insbesondere durch Einschaltung in Tageblätter die von der Arbeiterschaft gelesen werden, verlautbart.

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Die Stimmenabgabe ist auf Vorschlagelisten zu beschrän¬ ken, die mindestens 4 Wochen vor dem Wahltage dem Wahlkom¬ missär übermittelt worden sind. Zu ihrer Giltigkeit bedürfen sie überdies der Fertigung von wenigstene 500 Wahlberechtig¬ ten oder einer Berufsvereinigung der Arbeiter, die wenigstens 500 Mitglieder zählt.

Die giltigen Vorschlagslisten sind von Wahlkommissär bis spätestens 2 Wochen vor dem Wahltage in geeigneter Form zu verlautbaren. Die in der Verlautbarung angegebenene Ueber¬ schrift einer Vorschlagsliste ersetzt bei Anführung im Stimm¬ zettel die namentliche Angabe der in der Liste verzeichneten Kandidaten.

Wahlen durch Arbeiterausschüsse und Gehilfenausschüsse

§ 15. In Betrieben, in denen Arbeiterausschüsse bestellt sind, kann diesen die Vornahme der Wahl innerhalb des Betriebes derart übertragen werden, dass sie auf einen einzigen Stimm¬ zettel die Zahlen der für die giltigen Vorschlagslisten abge¬ gebenen Wahlstimmen verzeichnen. In diesem Fall erhalten die in dem Betriebe beschäftigen Wahlberechtigten von der Arbei¬ terkammer keine besonderen Stimmzettel.

Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden auch auf die gemass § 120 d der Gew. Odg.errichteten Gehilfenausschüsse und die von ihnen vertretene Gehilfenversammlung sowie auf die gemäss § 23 des Gesetzes vom 14. August 1896 R.G.Bl. Nr. 156

betreffend die Errichtung von Genossenschaften beim Bergbau bestehenden Lokalarbeiterausschüsse und die von diesen vertre¬ tenen Arbeiter Anwendung.

Zuweisung der Mandate

§ 16. Die Mandate werden auf die in den giltigen Vorschlagsli¬ sten angeführten Kandidaten nach dem Verhältnisse der auf je¬ de Liste entfallenden Stimmenzahl verteilt. Die auf eine Liste entfallenden Mandate sind den in ihr angeführten Kandidaten nach der Reihe zuzuweisen.

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Das Ergebnis der Wahl ist vom Wahlkommissär in geeig¬ neter Form kundzumachen.

Wählbarkeit.
  1. Wählber als Mitglieder einer Arbeiterkammer und als Ersatzmänner sind österreichische Staatsangehörige ohne Unterschied des Geschlechtes, die das 24. Lebensjahr zu¬ rückgelegt haben, im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte stehen, im Sprengel der Kammer ihren ordentlichen Wohn¬ sitz haben und in Oesterreich durch mindestens 3 Jahre als Arbeiter tätig oder bei einer Arbeiter-Berufsvereini¬ gung angestellt waren.
Enthebung von Mitgliedern, Eintritt von Ersatzmännern.
  1. Ein Mitglied oder Ersatzmann der Kammer, bei dem Um¬ stände eintreten oder bekannt werden, die seine Wählbar¬ keit ausschliessen, ist nach Anhörung der Kammer von der Aufsichtsbehörde zu entheben.

Im Falle einer gröblichen Verletzung oder Vernachlässi¬ gung seiner Pflichten kann ein Mitglied oder Ersatzmann durch Beschluss der Kammer seines Mandats verlustig er¬ klärt werden. Gegen diesen Beschluss, der mit Zweidrittel¬ mehrheit zu fassen ist, steht dem Betroffenen innerhalb 14 Tagen nach der schriftlichen Verständigung der Ein¬ spruch an die Aufsichtsbehörde offen.

Scheidet ein Mitglied vor Ablauf seiner Funktionsdauer aus, so fällt das Mandat dem der Reichenfolge nach näch¬ sten, nicht berufenen Kandidaten jener Liste zu, der der Ausgeschiedene angehört hatte.

Eröffnung und Konstituierung der Arbeiterkammer.
  1. Die neugewählte Arbeiterkammer wird durch einen Be¬ vollmächtigten des Ministers für soziale Fürsorge eröff¬ net, der den Vorsitz dem an Lebensjahren altesten Mitglie¬ de der Kammer übergibt.

Hierauf und in der Folge immer in der ersten Sitzung

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eines jeden Jahres wählt die Kammer aus ihrer Mitte mit

einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen einen Obmann, dessen Stellvertreter und drei Vorstandsmitglieder. Diese Funktionäre bilden den Vorstand der Kammer.

Nach Vornahme dieser Wahlen leisten der Obmann und sein Stellvertreter in die Hände des Bevollmachtigten des Ministers die Angelobung, dass sie die ihnen oblie¬ genden Aufgaben gewissenhaft erfüllen werden.

Vorstand.

§ 20. Der Vorstand hat die Beschlüsse der Kammer durchzufüh¬ ren und die laufenden Geschäfte zu besorgen. Er ordnet die Geschäftseinteilung der Kammer, ihrer Sektionen und der Ausschüsse, die zur Vorbereitung der Verhandlungsgegen¬ stände eingesetzt werden. Die Vorsitzenden der Sektionen und Ausschüsse sind im Bedarfsfalle den Sitzungen des Vorstandes mit beratender Stimme beizuziehen.

Wirkungskreis des Obmannes.

§ 21. Der Obmann ist der gesetzliche Vertreter der Kammer, er ist für die Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften, insbesondere für die Einhaltung des Wirkungskreises der Kammer, für die Befolgung ihrer Geschäftsordnung, für den Vollzug ihrer Beschlüsse und Anordnungen verantwortlich. Er fertigt alle Geschäftsstücke unter Mitzeichnurg des Sekretärs. Im Falle der Verhinderung oder Abwesenheit des Obmanns gehen seine Rechte und Obliegenheiten an seinen Stellvertreter über. Ist auch dieser verhindert, so be¬ stellt der Vorstand einen zweiten Stellvertreter.

Sekretär-Bureau.

§ 22. Die Konzepts-Kanzlei und Kassageschäfts jeder Kammer werden durch deren Bureau besorgt, das von einem fachlich geschulten, inbesondere in Angelegenneiten der Sozial¬ politik erfahrenen, besoldeten Sektetär zu leiten ist. Der Sekretär, der nicht Mitglied der Kammer sein darf, wird

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vom Vorstande bestellt, desgleichen die übrigen besolde¬ ten Beamten und Hilfskräfte des Bureaus. Des Bureau un¬ tersteht unmittelber der Aufsicht des Obmannes.

Verhandlungen.

§ 23. Die Verhandlungen der Kammern sind in der Regel öf¬ fentlich, Ausnahmen werden durch die Geschäftsordnung, durch Auftrag der Aufsichtsbshörde oder durch Beschluss der Kammer bestimmt. Ueber Angelegenheiten, die den Haus¬ halt der Kammer betreffen, kann nur in öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen werden.

Beschlussfassung.

§ 24. Beschlüsse der Kammer können nur dann gefasst werden, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Die Beschlüsse werden, soweit das Gesetz nichts an¬ deres bestimmt, mit Stimmenmehrheit gefasst. Bei gleich¬ geteilten Stimmen gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes gelten auch für die Beschlussfassung des Vorstandes, der Sektio¬ nen und der Ausschüsse.

Geschäftsordnung.

§ 25. Jede Arbeiterkammer regelt ihre Geschäftsführung durch eine Geschäftsordnung, die über Vorschlag des Vorstandes beschlossen wird und zu ihrer Giltigkeit der Genehmigung des Ministers für soziale Fürsorge bedarf.

Regierungskommissär.

§ 26. Für jede Arbeiterkammer ernennt die Aufsichtsbehörde einen Kommissär, der berechtigt ist, den Sitzungen der Kammer beizuwohnen und sich an den Verhandlungen zu be¬ teiligen.

Bestreitung der Kosten.

§ 27. Die Kosten der ersten Einrichtung der Arbeiterkammern

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werden vom Staate getragen. Gebricht es einer Kammer an eigenen oder ihr unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten, so ist die Gemeinde des Standortes der Kammer verpflichtet, auf ihre Kosten das Fehlende beizu¬ stellen.

Ueber den Jahresvoranschlag beschliesst die Kammer auf Grund eines vom Vorstande ausgearbeiteten Entwurfes. Der Voranschlag ist bis längstens Ende September der Aufsichts¬ behörde zur Genehmigung vorzulegen.

Soweit zur Bestreitung der Ausgaben besondere Zuwendunn¬ gen, Widmungen oder sonstige Einkünfte nicht herangezogen werden können, legt die Arbeiterkammer den ungedeckten Betrag ihres genehmigten Voranschlages gleichmässig auf alle im Kammersprengel beschäftigten Arbeiter um. Diese Umlagebeiträge sind vorschussweise vom Arbeitgeber für seine Arbeiter zu leisten. Der Arbeitgeber ist berechtigt den Vorschuss seinen Arbeitern spätestens bei der zweiten Lohnzahlung vom Lohne abzuziehen. Auf Verlangen ist dem Arbeiter bei seinem Austritte aus dem Arbeitsverhältnisse eine Bestätigung über den von ihm für eine Arbeiterkammer geleisteten Beitrag einzuhändigen. Er kann innerhalb des Kalenderjahres nicht nochmals zur Beitragsleistung für eine andere Arbeiterkammer herangezogen werden.

Die zur Durchführung der gesetzlichen Krankenversi¬ cherung der Arbeiter berufenen Krankenkassen haben gegen Ersatz der Kosten die Beiträge für die bei ihnen versi¬ cherten von den Arbeitgebern einzuheben und der Kammer abzuführen.

Ueber die Beitragspflicht der Arbeiter und über den den Krankenkassen von der Arbeiterkammer zu leistenden Ersatz der Kosten entscheidet die Aufsichtsbehörde.

Durch Verordnung kann die Einhebung der Umlagen an¬ ders geregelt werden.

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Rechnungsabschluss.

§ 28. Jede Arbeiterkammer hat längstens bie Ende März eines jeden Jahres den Rechnungsabschluss für das abgelaufene Kalenderjahr der Aufsichtsbehörde vorzulegen. Nach erfolgter Genehmigung ist der Rechnungsabschluss zu veröffentlichen.

Korrespondenz-Stempelpflicht.

5 29. Die Korrespondenz der Arbeiterkammern untereinander und mit den im § 5 bezeichneten Behörden, Öffentlich¬ rechtliche Körperschaften und Anstalten, ferner die Korrespondenz des Wahlkommissärs in Angelegenheit der Wahlen ist portofrei. Die Arbeiterkammern sind hinsichtlich der Stempel¬ pflicht ihrer amtlichen Geschäftsstücke den öffentlichen Behörden gleichzuhalten.

Auflösung.

§ 30. Eine Arbeiterkammer kann durch Verfügung des Mini¬ sters für soziale Fürsorge aufgelöst werden, wenn sie ihre Aufgaben vernachlässigt, ihre Befugnisse überschrei¬ tet oder wenn die Zahl ihrer Mitglieder sich derart ver¬ mindert, dass eine gedeihliche Tätigkeit der Kammer nicht zu gewärtigen ist.

Die Neubildung der aufgelösten Kammer durch Ausschrei¬ bung von Neuwahlen ist längstens innerhalb dreier Monate vorzunehmen. In der Zwischenzeit werden die Geschäfte durch einen von der Aufsichtsbehörde bestellten Kommis¬ sär geführt.

Wirksamkeitsbeginn, Vollzugsvorschrift.

§ 31. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Kundmachung in Wirksamkeit. Mit dem Vollzuge ist der Minister für soziale Fürsorge im Einvernehmen mit den beteiligten Ministern betraut.

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